Ein Ostergruß aus Tradition

Ein Ostergruß der Hühnerrettung ist eine Gratwanderung … verherrlichen wir ein Fest, das den Eierkonsum alljährlich in sphärische Höhen treibt oder lenken wir die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf die Missstände in der Industrie?

Ostern ist hauptsächlich ein Fest des Christentums und dreht sich um Jesus Tod und seine Auferstehung. Mit viel Symbolik wird alljährlich im Einzelhandel vom Schokoladen-Ei bis zum Biscuit-Lamm alles in die Auslage gebracht, was das Herz des Verbrauchers anspricht und sein Portemonnaie öffnet. Dabei symbolisiert das (Oster-)Ei Fruchtbarkeit und Wiedergeburt. Die Wiedergeburt in eine hoffentlich bessere Welt ist den Hennen, die für die meisten im Handel erhältlichen Eier gesorgt haben, auch dringend zu wünschen, denn der überwiegende Teil der Hennen in der Lege-Industrie fristet nach wie vor sein Dasein in dunklen, stickigen Hallen unter tierschutzwidrigen Bedingungen. Was nach ihrem Einsatz im Hühnerarbeitslager mit diesen Hennen passiert, ist wohl inzwischen jedem aufmerksamen Leser bekannt.

Das Osterlamm ist in seiner Symbolik und deren perfider „kulinarischer“ Umsetzung kaum zu überbieten. Steht das Lamm für den Sohn Gottes, der seine Sünden für die Menschheit auf sich genommen hat und für sie gestorben ist, wird es zu Ostern als Jungtier seiner Mutter entrissen, zu Hunderten auf Transporter gepfercht und zum Schlachthof gefahren. Dort werden die Lämmer vom sogenannten Judas-Schaf (welch wirklich passende Symbolik!) in den Schlachthof gelockt und unter Betäubung … teils aber auch versehentlich ohne, Fehler sind halt menschlich … dem finalen Kehlschnitt zugeführt. Am Ostersonntag dann auf dem Teller fein angerichtet, vorher noch ein Tischgebet und Ostern ist perfekt. Als kleines Gastgeschenk wird ein bereits gefärbt gekauftes Ei gereicht. Diese müssen nicht gestempelt sein, sie stammen oft aus osteuropäischen Betrieben deren Haltungsstandards die der unseren noch weit unterbieten.

Meist kommt spätestens eine Woche vor Ostern der kritische Teil, der die Familienbande schier zu sprengen droht. Der „normale“ Teil der Familie ruft an und lädt zum Oster-Essen. Der geneigte Tierschützer spricht mehr oder weniger vorsichtig eine vegane oder wenigstens vegetarische Alternative des Menüs an und dann startet die übliche Diskussion: „Das haben wir schon immer so gemacht. Das ist Tradition, zu Ostern kommt Lamm auf den Tisch! Und bunte Eier!“ Es startet ein Hin und Her aus Argumenten und Wortklaubereien und schon herrscht helle Aufregung. Muttern ist entsetzt, Vater entzieht sich der Debatte, Oma freut sich doch nur auf die Enkel … ihr kennt das ja.

Leute, wir alle lieben Familienfeste, oder? Und natürlich lieben wir unsere Familien. Können wir nicht alle zusammen ein paar Traditionen über den Haufen werfen und in der Hoffnung auf eine bessere Welt gemeinsam mit kleinen Dingen anfangen, die Zukunft unseres Planeten in die Hand zu nehmen und ihn ein bisschen lebenswerter machen? Fangt mit einigen Kaufentscheidungen an. Ersetzt doch einfach mal das Ei im Kuchenteig durch eine Banane oder eine andere pflanzliche Alternative. Nehmt die Eier für Ostern von euren eigenen Hühnern oder denen von Freunden und Nachbarn. Malt sie selbst an. Kunst ist dabei, was gefällt … Blümchen, Häschen, Kubismus, egal, Hauptsache selbst gemacht. Macht euch schlau, wo in eurer Nähe Tierschutzhöfe sind und schaut, ob ihr euren Kindern und Enkeln dort lebendige Osterlämmer zeigen könnt. Die kann man streicheln! Und wenn man im Sommer wieder hinfährt, sind sie groß geworden und nicht auf einem Teller gelandet. In diesem Sinne: Frohe Ostern!