Weltfrauentag, wie der 8. März mein Leben veränderte
Der äußere Anschein kann täuschen … ein schickes Auto mit versteckten Mängeln, ein schöner Mensch mit verdorbener Seele, eine Freilandhühnerhaltung mit übersehenem Schmerz oder eben ich, Frau Henne L.
Ohmann* aus S. in NRW, geschlüpft als Eier-Maschine und auf lebenskurze Ausbeutung getrimmt, aber dazu erkoren, diesen Bericht zu verfassen.
Vor über 2 Jahren bin ich in einem Inkubator geschlüpft, hunderte, was sage ich, tausende andere Küken schlüpften mit mir. Dann ging alles ganz schnell, wir wurden sortiert: Hennen = wertvoll, Hähne = überflüssig! Ihr glaubt immer noch, dass in Deutschland keine Küken mehr getötet werden? Stimmt, Deutschland hat das einfach ausgesourct, die Küken werden in Osteuropa getötet oder auch in Südeuropa. Danach werden viele der kleinen Leichen zurückgeholt, da die Zoos, Reptilienhalter und Greifvogelstationen billiges Futter für ihre Tiere benötigen. Hört Euch dazu mal den Pock-Pock-Cast der Hühnerrettung NRW e.V. an.
Meine weiblichen „Geschwister“ und ich kamen in einen Aufzuchtbetrieb, auch dazu gibt es nicht viel zu erzählen. Monate im eigenen Dreck, da die Ställe nicht sauber gemacht werden (können, sagen die Menschen), erdrückende Enge, stickige Luft und viel Zankerei. Sobald wir ins legefähige Alter kamen, wurden wir verkauft. Für uns eine grausame Lotterie. Wer kommt in die dunklen Hallen mit den rostigen Gittern, wer muss am längsten durchhalten, also eine Zwangsmauser überstehen, wer begegnet den grausamsten Ausstallern und wird schlussendlich mit gebrochenen Knochen stundenlang zur Schlachtung ins Ausland gefahren? Wer landet vorher schon (womöglich lebendig) in der Kadavertonne? Eigentlich sollte man glauben, dass ich zu den Gewinnerinnen dieser Verlosung gehörte, denn ich kam in eine bäuerliche Freilandhaltung.
Ihr Menschen sagt manchmal: „Gut gemeint ist oft nicht gut gemacht.“ Wir hatten viel Platz und frische Luft und Sonne, aber auf die Sauberkeit des Stalls und auf unsere Gesundheit konnte niemand achten. Zu viel in die Hühnerhaltung gesteckte Arbeit ist nicht wirtschaftlich. Und so verwandelte sich unser ursprüngliches Paradies langsam aber sicher ins Gegenteil.
Kolleginnen starben an entzündeten Legedärmen, gebrochenen Bauchdecken oder auch feststeckenden, viel zu großen Eiern. Und in den Ritzen des Stalls machten sich die Milben breit. Unter ihnen auch die gefürchteten Grabmilben, die sich an unseren Beinen und Füßen breit machen und sich dort, wenn sie unentdeckt und somit unbehandelt bleiben, bis auf die Knochen durchbohren und unsägliche Schmerzen verursachen. In den gut zwei Jahren, die wir dort verbrachten, wurden die Verluste in unseren Reihen vom Betreiber durchaus registriert, aber was sollte er machen? Bei einem Eierpreis von zwei, maximal drei Euro je 10er Karton, ist der Besuch mit einer von uns beim Tierarzt undenkbar. Höhere Preise für Eier führen bei den Verbrauchern zu Schnappatmung und da haben wir ihn, den so oft erwähnten Teufelskreis.
Und dann kam für den Rest von uns der absolute Volltreffer in der Lotterie des Lebens: IHR! Dank euch allen wurden wir abgeholt und nicht zum Schlachter gebracht, sondern zogen in Privatgärten ein. Am 8. März verließen wir, 203 Hennen, 6 Pflegies und drei Hähne, unsere gewerblichen Halter und wurden zu geliebten Haustieren. Unsere Beine wurden behandelt und die Hennen mit den dicken Bäuchen operiert und von den darin steckenden Schicht-Eiern befreit, sodass wir fit und schmerzfrei in die Zukunft blickend unsere neuen Zuhause beziehen konnten.
Und was hat das Ganze jetzt mit der Headline zum Weltfrauentag zu tun, fragt ihr euch? Als Huhn darf ich antworten: „Brat Dir ein Ei drauf!“, aber nein, ich will es euch erklären: Gerettet wurden Hennen, Pflegies und Hähne! Denn wir sind offen für alle. Es ist egal, wen ihr liebt, solange ihr niemandem damit schadet, seid offen für alles und alle. Nicht nur die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen und allen dazwischen sollte ein Ende haben auch der Unterschied zwischen Nutztier und Haustier muss beendet werden.
Es grüßt euch ein geliebtes Haustier
Henne L. Ohmann
*Der volle Name liegt der Redaktion vor